In diesen Tagen gucken viele von uns ganz begeistert die Spiele der Fußballerinnen bei der EM 2025 in der Schweiz. Wir lassen uns bezaubern von dem spielerischen Einsatz und sind begeistert von der hohen Motivation der Kickerdamen. Dabei tritt der (arbeitsrechtliche) Gedanke darüber, wie dieser Einsatz letztendlich vergütet wird, schnell (und auch verständlicherweise) in den Hintergrund. Zu-Recht?
Gute Leistung darf und soll gut entlohnt werden. Das ist ein Grundsatz unserer Leistungsgesellschaft. Unsere Marktwirtschaft basiert darauf, dass für Güter ein passender Marktpreis gefunden wird, der Angebot und Nachfrage ins Gleichgewicht bringt. Dort, wo Märkte versagen, greift in der Regel der Staat korrigierend ein, wenn das Marktversagen zu ungerechten Ergebnissen führt. Der Mindestlohn und die Monopolkommission sind Beispiele hierfür.
Im Frauenfußball müssen wir uns die Frage stellen, wie ein gerechter Marktpreis gefunden wird oder gefunden werden kann? Ist der „Gleichgewichtpreis“, der sich aktuell einstellt, wirklich „gerecht“? Wenn wir aber feststellen müssen, dass im Frauenfußball marktwirtschaftliche Prinzipien ihre Gültigkeit verlieren, muss dann der Gesetzgeber arbeitsrechtlich regulierend eingreifen? Können die heutigen Gesetze hier bereits genutzt werden? Dies sind viele und sehr wichtige Fragen, denen wir uns nachfolgend widmen.
Gucken wir uns zunächst die Ist-Situation an: In Deutschland lag das durchschnittliche Jahresgehalt einer Nationalspielerin zuletzt bei rund 43.670 Euro, während männliche Nationalspieler im Schnitt über zehn Millionen Euro pro Jahr verdienen. In der Frauen-Bundesliga benötigen viele Spielerinnen einen Nebenjob, um ihren Lebensunterhalt zu sichern. Selbst bei Top-Vereinen, wie dem FC Bayern München, gibt es erhebliche Abweichungen zwischen Männern und Frauen: Männliche Profis erhielten in der Saison 2018/2019 im Schnitt 160.800 Dollar pro Woche, was dem knapp vierfachen Jahresgehalt einer durchschnittlichen Spielerin der Frauen-Bundesliga von 43.730 Dollar entspricht. Rechnerisch ergibt dies einen Multiplikator von 1.636 zwischen diesen Vergütungen. Damit ist der Equal Pay Day im Fußballsport auf den 31. Dezember 18 Uhr zu datieren!
In den USA gibt es seit dem Jahr 2022 dagegen einen Tarifvertrag für den Frauenfußball, welcher den Frauen gleiche Bezahlung und gleiche Boni garantiert. Auch Australien gilt als Vorreiter. Hier wird eine gleiche Bezahlung, allerdings unter Ausgrenzung der Boni praktiziert.
Wir wollen aber nicht den Teufel an die Wand malen. Gucken wir uns daher die Erfolgsprämien der DFB-Männer bei der EM 2021 an, die 400.000 Euro im Falle eines Titelgewinns betrugen. Bei den Frauen werden die Prämien aktuell mit 60.000 Euro veranschlagt. Dies ist ein Faktor von 6,67 und damit gerechter, aber noch nicht wirklich überzeugend fair.
Begründet werden hierzulande gerne die Abweichungen mit geringeren Zuschauerzahlen, Werbeeinnahmen und anderen Faktoren. Zumindest im ersten Bereich scheint sich bereits viel zu tun. Die Stadien in der Schweiz sind zwar kleiner als hierzulande, aber bereits sehr gut gefüllt.
Es stellt sich aber (aus arbeitsrechtlicher Perspektive) die Frage, ob Werbeeinnahmen und Zuschauerzahlen haltbare Argumente für Vergütungsdifferenzen sind. Das Entgelttransparenzgesetzes (EntgTranspG) fordert klar und einfach eine gleiche Vergütung für gleiche und gleichwertige Arbeit.
Gleiche Arbeit liegt nach dem Verständnis des Gesetzes dann vor, wenn Mitarbeitende sich gegenseitig ersetzen können. Dies ist im Fußball dann zu bejahen, wenn die Damen in der Männermannschaft eingesetzt werden können. Theoretisch ist dies möglich, weil ein/e Verteidiger/in verteidigt und ein/e Stürmer/in stürmt. Wenn wir uns in der Praxis aber vorstellen, dass Frauen im Männerspiel eingesetzt werden, kommt die Prüfung der Gleichartigkeit dann doch (in der praktischen Umsetzung) schnell an ihre Grenzen.
Interessant wird unser Gedankenspiel in der Betrachtung des zweiten Faktors des EntgTranspG, der Gleichwertigkeit von Jobs. Dieser Tatbestand ist dann gegeben, wenn für Arbeitsaufgaben vergleichbare Anforderungen, Qualifikationen und Verantwortungen vorliegen. Wenn wir also von einer Frauenfußballtorjägerin erwarten, dass sie sich durch die gegnerische Abwehr durchwühlt, die Torwartfrau letztendlich überwindet, im Ergebnis die Verantwortung für ihr Team zeigt und ihr Können in tausenden von Trainingseinheit erworben hat, dann sind das mit dem Männerfußball durchaus vergleichbare Tatbestände, die für eine Gleichwertigkeit unabhängig vom Geschlecht sprechen.
Wir stellen zudem fest, dass das EntgTranspG keine Öffnungsklausel enthält, die mit der Höhe der Werbeeinnahmen, Einschaltquoten oder anderen Faktoren aus diesem Bereich in Verbindung steht. Das Gesetz erkennt Erfolgs- oder Leistungsfaktoren als Rechtfertigung für Vergütungsunterschiede nicht an, sondern schließt derartige Aspekte explizit aus. In dieser Betrachtung kann daher ein Bezug auf diese Faktoren zur Begründung als eine versteckte, gesetzliche nicht zu rechtfertigende Diskriminierung angesehen werden.
Unter dem Strich und im Ergebnis können wir daher hier von einer Gleichartig- und wertigkeit der Tätigkeiten im Frauen- und Männerfußball zumindest mit gewissen Abstrichen ausgehen.
Eine eindeutige Klärung der Sachlage wird sich, so können wir nach heutigem Kenntnisstand erwarten, im kommenden Jahr ergeben. Dann werden die arbeitsrechtlichen Vergütungskarten neu gemischt. Mit der Einführung neuer Entgelttransparenzstandards wird eine Neubewertung der Situation erfolgen, wie die bereits vorliegende EU-EntgTranspRL deutlich zeigt. Es wäre daher sportlich, vorausschauend und professionell, wenn der DFB und die Profivereine nicht erst dann reagieren, wenn sie das neue EntgTranspG 2026 zu Anpassungsschritten zwingt, sondern schon vorab mit gutem Beispiel voran gehen.
Im Tennis und in der Leichtathletik ist man beim Thema Vergütung auch bereits deutlich weiter als im Fußball. Tennis Grand-Slam-Turniere werden bereits seit 2007 gleich dotiert. Gleiches gilt für die Preisgelder im Bereich der Leichtathletik auf der Ebene der Weltmeisterschaften.
Der Weg im Fußball schein dagegen noch weit. Ich bin sehr gespannt, welche Veränderungen sich in diesem Sportbereich noch ergeben werden! In der Regel gilt: Wo ein Wille, da ist auch ein Weg.
Autor: Stefan Fritz (15.07.2025)